
Ein Tausendsassa war der Goethe. In der ganzen Weltgeschichte unterwegs, zu hohen Ehren gekommen und seines Zeichens Drückeberger. Er drückte sich vor der Arbeit und ging lieber spazieren – wie ich. Grade der Harz hatte es ihm angetan. So kommt man nicht umhin an allen möglichen und unmöglichen Stellen an ihn zu denken. Denken kann ich aus jahrelanger Praxis und Arbeitsverweigerung vermeiden, aber auf Schritt und Tritt sind irgendwelche Goethe-Tafeln angebracht. Hier hat G. geschissen. Hier ging G. mal entlang. Hier hat G. mal gegessen. Da hat er mal gepisst. Dort genoss G. mal eine Aussicht. Da hat er gepimpert oder auch nicht was ihn furchtbar traurig machte. Hier hat G. sich eine Backpfeife abgeholt. Dort seine Schuhe besohlen lassen und hier einen Furz gelassen. Nervend manchmal.
Wenn man so wandert braucht man nicht viel. Gut, ein Batteriebetriebener Reise-Fön für die wunderbare Tolle im Rucksack kann mitten im Wald ganz nützlich sein. Oder haben Sie schon mal Steckdosen im Wald gesehen? Hallo? Ansonsten brauche ich echt nicht viel beim Wandern. Ein kleiner Rucksack mit dem aller-aller-aller-Nötigsten auf dem Rücken sorgt für schnelle Anstiege. Dennoch, auf ein wenig Komfort möchte ich auch in der Wildnis nicht verzichten. Denn falls mal der kleine Hunger kommt, ist man froh ein paar Dr. Oetker Bistro Baguettes und/oder Flammkuchen dabei zu haben. Deswegen habe ich, soviel Komfort muss sein, einen solar betriebenen Minigrill dabei. Mit Umluft – wichtig! Jetzt kann man überlegen ob das nicht meiner Maxime, leicht ist schnell ist mühelos entgegensteht. Sie haben Recht. Deshalb entschied ich mich für den Minigrill ohne Umluft und greife in meiner jahrelangen Survival-Erfahrung für, zugegeben, menschliche Methoden zurück. Also, für ein gleichmäßiges Bräunungsergebnis springe ich während des Grillvorgangs um das Teil herum und pubse es von allen Seiten an. Umluft! Tja! Gewusst, wie!
Wandern ist billig, ist preiswert, kostet fast nichts. Einfach die Wanderschuhe an, ich bevorzuge hier von Kinderhand genähtes Jak-Leder aus dem hohen Himalaja, und los geht’s von drinne noch drusse. Mehr braucht es nicht. So einfach. Nun ist es, und ich könnte Ihnen da ein paar Stories vom Appalachian-Trail erzählen, sogar mein langjähriger Praktikant Rüdiger Neberg verzichtete wenn es ging, nicht auf gewissen Komfort.
So begab es sich also dass ich nicht online auf den Hauptwilderness-Portalen (HRS, Booking-dot-com) für einen Zwischenstopp mit Dusche buchte sondern ich nahm das Satellitentelefon und rief schlicht an. „Moin!“ „Bin da und da prekär unterwegs.., blabla..“ „Nur eine Dusche mal, blabla..“. „Muss nichts kosten, yeah ya…“. So in der Art konnte ich eine super-Unterkunft mieten, die kostengünstig aber doch ein Hauch von Ursprünglichkeit besaß. Die prekären Hotelagenten wiesen noch mal darauf hin dass der Preis einen Haken hat. Es würden Holländer in der Nähe übernachten und das mitten auf dem Parkplatz. War aber nicht schlimm. Als ich nachts von der richtig anstrengenden „Liebesbanktour“ kam klopfte ich und rief laut an die Wohnwagen ob noch ein wenig Superskunk für einen müden Wanderer vorhanden sei. Wir neckten uns dann noch ein wenig, ein Wort gab das andere und die Holländer wollten mal sehen wie Fußball gespielt wird. Schön finde ich das. Völkerverständigung. Dass die Käsköppe nicht den Schädel wegnehmen können wenn ich einen Fallrückzieher mache – na ja, gut. Schwamm drüber. Irgendwer wird das Gemansche wohl wegputzen.
George Clooney. Er war da und noch viele andere aus den verschissenen USA. Hollywoodschauspieler waren da mitten auf dem Hügel und drehten. Sie drehten und ich drehe am Rad wenn ich die Werbung für eine zugebenermaßen schöne Hütte erblicken muss. George war also da im Harz, nahe Goslar und drehte und aas und schiss und pisste und drehte. Ich war jetzt auch da. Toll! Ich lasse mir die Haare grau wachsen, lege mir Kuhaugen zu und schlüpfe in Militärklamotten. Und was die Besitzer und Angestellten dieser „George Clooney-Alm“ so stolz waren umso mehr widerte es mich an. Zumal der Stempel HWN111 abgeschnitten wurde und ich den selbigen nicht in mein Wanderstempelheft stempeln konnte.
Die Alm! Die „Steinberg Alm“ (zum Rösner). Norddeutschlands schönste Alm! Ich war da und hatte Kontakt mit den Sennerinnen und dem Fraß gutbürgerlichen Mahlzeiten. Nur was ich seltsam fand, Plakate hingen überall und warben für eine Ossi-Party am 3. Oktober. Vielleicht bin ich geometrisch ein wenig unbedarft, aber was hat Goslar mit Ossi zu tun? Und wenn es so wäre? Was hat das mit bayerischer Speisekarte zu schaffen? Und warum hängen tote Tiere über dem Abendmahl? Und warum muss man als „Event“ auf dem Klosett frühstücken?

Mächtig fand ich die Hinterlassenschaften der Eingeborenen. Denn, ich weiß zwar nicht warum, sie hängen die Hosen von Hinterbliebenen im Gastraum auf. Und was muss ich sagen? Die waren offensichtlich gut bestückt.
Kennen Sie den Pinkel-Prinz Ernst-August? Ein rüder und unzivilisierter Geselle. Aber ich musste schon schmunzeln als ich die Prinzenlaube erwandern wollte (Stempelstelle 105). Denn die Wegmarkierung dieses versoffenen, blaublütigen Raubritters erschloss sich mir erst nicht, beim Nachdenken über ihn aber sehr wohl. Der Heimweg ist immer länger als der Hinweg, gelle?
Prost der Herr!