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Adrette Teeküche

Heute in der Knochenmühle wollte ich in die kleine Teeküche. Die war aber voll von drei Fensterreinigungsmännern. Ich rief, streng in die Küche blickend:  „MORGEN!“ – da standen sie stramm, die Jungs. Und sahen recht adrett aus in Ihrer Fensterreinigungsuniform.

Nach einigen, wohl für sie sehr langen Sekunden musterte ich sie von oben bis unten auf der Suche nach einem eventuell nicht korrekt gebügelten Kragen. Einem eventuell abgerissenen Hemdenknopf oder nach sonstigen Verfehlungen. Ich sah und es war gut – für heute und brüllte: „Rühren!“. Aber das hatten wir ja Dressmen. Nein, ich muss mich verbessern. Ich rief: „PUTZEN!“ – und sie fingen sogleich an zu putzen mit gekrümmten Rücken, die Rehaugen ängstlich zu mir herauf blickend.

Leute, vergesst den letzten Satz. Es hörte mit dem rühren auf, danach spaßten wir ein wenig rum. Beispielsweise machte ich das Fenster auf (dritter Stock) und der Kleinste von denen sollte es dann von außen putzen. Und – im Westerwald weht der Wind – und auch so kalt. So knallte das Fenster hin und her und der gemobte Fensterreinigermitarbeiter freischwebte außen, die eiskalten Finger nicht mehr spürend inmitten der Elementen. Seine zwei Kollegen lachten sich einen Ast. Waren ja froh das es diesmal eine andere arme Sau traf.

Nee, Leute. Vergesst den letzten Absatz. Es hörte mit dem rühren auf. Es waren Jungs mit denen ich normalerweise um die Ecken ziehe. Aufrecht, gemeinsam – auf Augenhöhe. Harhar und Schulterklopfen – nachdem sie merkten dass ich eigentlich zu ihnen gehöre. Die gleiche Schicht nur mehr Glück gehabt.

Jedenfalls, so lernte ich das von klein an, nahm ich mir den größten des lustigen Trios vor, nahm meine Seidenkrawatte ab, schlang sie um seinen Hals und rang ihm würgend die folgenden Worte ab: „Ich bin ein Fensterputzer. Ich bin kein Mensch. Ich bin weniger wert. Ich will auch kein auskömmliches Einkommen. Ich will keine Rente über der Sozialhilfe. Ich will dienen. Wenn meine Arbeitskraft dahin ist, will ich sterben.“

Mir war es genug. „Mensch“ sagte ich, meine Seidenkrawatte von seinem demütigen Hals lockernd, „Genauso machst Du es richtig.“ Nicht aufmucken. Nicht nach Leben trachten. Ochsen. Buckeln. Für die. Denn die haben es geschafft. Durch und wegen uns.

P.S.: Krieg wird seit eh und jeh zwischen den Armen angezettelt. Für egoistische Marotten einiger wenigen. Alle gegeneinander ausgespielt. Damit niemand die Verasche merkt. Die Reichen lächeln, schauen gnädig Champagnertrunken nach unten, schauen sich in die Augen – was schon immer funktioniert hat: „Lasst sie sich doch selber bekämpfen.“.