Ding Dong

„Ding Dong“! Wohlklingend läuteten die Glocken in meiner Villa, als ich mit offenen Hosenstall die Treppe runterhüpfte. Und noch mal: „DIIINGGG, DOOONG“! Während ich wild die Haustür aufriss, noch nicht ganz verklungen mein Brüllen „JA DOCH! ICH KOMME JA!“, erblickte ich auf dem Treppenabsatz einen kleinen pummeligen Jungen mit Hornbrille, der eine Blechdose in der Hand hielt. Er schaute mich von unten wie Neunmalklug an und fragte in einer Ernsthaftigkeit, wie es nur Lehrersöhnchen können: „Möchten Sie für den Krieg in der Ukraine spenden?“.

Leise klapperten in seiner Blechdose, ungelenk beschriftet mit „Ukraine“, die Hosenknöpfe und ich schaute erst nach vorne auf den Bürgersteig, dann nach rechts und links zu den geliebten Nachbarn, erst dann entschied ich mich, dem kleinen Jungen nicht die Wahrheit zu sagen, einzubleuen. Seine Eltern auf dem Gehweg, augenscheinlich verknitterte Studienräte, die in ihrem trostlosem Herbst noch mal Sex hatten, meine hochgeehrten Nachbarn rechts und links, alle waren versammelt und waren gespannt ob mich die kleinen, süßen Schweinsäuglein hinter Glas, das zarte Pummelchen mit Speckfingerchen die diese selbstgedengelte Blechdose hielten, erweichen könnten. Dank des versammelten Publikums – sie hatten keinen Eintritt bezahlt – verzichtete ich auf ein Drama und antwortete schlicht: „Nein, das möchte ich nicht.“

Meinen Sie, ich bin altersweise? Oder mittlerweile verweichlicht? Oder der Meinung, dass sich manche Gefechte nicht lohnen? Dass der Junge ja eigentlich auch nur ein Opfer ist, für den man spenden sollte, damit er so schnell wie möglich aus den Fuchteln dieser reaktionären Nazis kommt? Oder der Gedanke, dass ich mit meinen hochgeschätzten Nachbarn (Frühpensionäre – ehemalige Staatsbedienstete) noch eine halbwegs korrekte Gartenzeit (nebeneinander) verbringen muss? Ja, Sie haben recht. Dies alles ging mir flott durch den Kopf und entschied mich für Frieden. Was man von unseren Machthabern nicht grade sagen kann. Öl ins Feuer. Sie wissen schon. Kapitalinteressen anstatt Menschlichkeit. Gegen den Bürger, dem Souverän, pro Idiotie. Der liebe Charlie könnte jetzt nicht mehr aufhören, im Gegensatz zu mir. Aber ich bin ja nicht Charlie. Irgendwie ekelig, sich selbst zu verlinken.

„Nein, ich möchte nicht.“ Ich möchte so vieles nicht mehr. Hab echt keinen Bock mehr. Ich möchte auch nicht FÜR den Ukraine-Krieg spenden. Eigentlich tut mir der Jung richtig leid. Er hat kein Leben mehr vor sich, wie wir es hatten. Halbwegs frei und ohne Krieg im eigenen Land, ich spreche von meinem Jahrgang. Ausgeklammert ist hier der Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Der war schon immer da, mit einer kurzen Pause dank Willy Brandt, und wird immer schlimmer. Unsere Machthaber sind hemmungslos geworden. Damals gab es noch ein paar Menschen, die Politik gemacht haben. Diese hatten noch Anstand zurückzutreten, wenn sie Scheiße gebaut haben. Heute? Brrr.. mich graust vor Deutschland. Echt. Ekelhaft. Die Medien (Fressefreiheit), was man da in Dauerschleife an Hetze, Kriegslust, Lug und Betrug mitbekommt. Widerlich! Echt. Da schickt jemand endlich mal eine Friedensmission in ein Naziregim, dann ist es plötzlich auch wieder nicht gut. Aber das alles war seit langem abzusehen und vor allem, von denen klar kommuniziert. Ich mache mir keine Illusionen mehr.

Wussten Sie schon, dass die BW EPA Packungen und die „Panzerplatten“ einen enormen Preisanstieg haben? Enorm! Na ja, ich esse Klopapier mit Nudeln. Sonntags auch mit Ketchup. Die letzte Weinlieferung ist noch nicht lange her. So kann ich Ihnen hier und jetzt, zwar nicht gelassen, aber umso ärgerlicher, ein wohlmeinendes „Prosit!“ zurufen.

Danke für die Grüße, Alter! Herzliche Grüße zurück! Ich habe enormen Respekt vor sportlichen Leistungen. Aber wenn man nur im Kreis läuft und immer wieder am Ausgangspunkt ankommt..

P.S.: Bei diesem Artikel (und dem Lied) bekam ich einen Kloß im Hals (Link zu Nachdenkseiten): „Ich ging dorthin, um meinen Feind zu treffen, aber tatsächlich traf ich einen Freund“