Gelassenheit

In meiner Lieblingscocktailbar in Kölle
In meiner Lieblingscocktailbar in Kölle

Wer mich kennt wird nicht recht glauben können was ich getan habe. Grausam und entsetzlich werden euch die Dinge vorkommen die ich tat. Und vor allem – welche ich nicht tat! Sensiblere Charaktere unter euch sollten besser nicht weiterlesen. Glaubt es mir!

Wie ehedem fängt die Geschichte an mit: Es begab sich zu einer Zeit…. Also, es begab sich zu einer Zeit in der es kein Kaufhof, Saturn, H&M, Douglas und dergleichen mehr gab. Also nicht mehr gab. All diese Unternehmen haben sich umfirmiert in „Sale“. Halbwegs erregt, ich wusste noch nicht ob freudig, interessiert oder devot, gab ich mich hin um Samstags in der Kölner Innenstadt mit S. zu schlendern.

Ich war begeistert – all die profitgierigen, ausbeuterischen Einzelhandelgroßkonzerne haben eingepackt und sich der gerechten Macht des kleinen Mannes/Fraues gebeugt. Sie hatten ihre Bücher zugemacht, den Bossen in den Arsch getreten, die Vorstände in die Gosse gejagt und schlossen sich zusammen in einem kollektiven Ausverkauf der kapitalistischen und menschenverachtenden Seuche. Sie firmieren nunmehr unter „Sale“. Einheitlich. Und in Rot! Spaßeshalber sei mir an dieser Stelle ein politischer Farbengedanke erlaubt *hihi*.

Nun ja, Gedränge, Stress, steigender Blutdruck, schwüle Hitze in den Sale-Geschäften, Stups- und Stoßereien, schwitzende und diverse Gerüche (ich mag es wirklich nicht genau wissen) ausdünstender Sale-Kunden – froh Stahlkappen in den Schuhen zu haben , all dies und noch viel mehr – verschlechterte meine Laune und ich schwelgte in alten Punkzeiten in denen ich/wir renitent unangenehme und unbelehrbare Zeitgenossen schlicht und ohne große Nachfrage mit ein paar schnellen Hieben und Tritten auf den Weg der Besserung gebracht hatten.

Hat jemand den Eindruck ich wollte mich beschweren? Ich kann euch sagen, ich bin es ja selbst Schuld. Wollte ich doch eine Oberbekleidung erstehen um mir eine Kutte für die anstehenden Festivals und Konzerte anzufertigen. Wollte ich doch selbst und ungezwungen so ein cooles Armband haben wo man so kleine, hübsche Knöpfe draufdruckknöpfen kann. Gab es natürlich nicht in meiner Armbandgröße, war ja klar! Nur S, M und L. Hallo? Sind wir hier bei den Hobbits?

Mittlerweile merke ich dass ich abschweife. Sorry dafür! Zum Thema zurück! Marsch! Falscher Tritt, Kamerad! Nämlich hatte sich dann doch recht schnell mein Jagdeifer auf Konsum erledigt. Ich wollte nur noch schnell heim. Vorher noch schnell zu Rewe wo es diese WMF-Pfannen-Punkte gibt und Puschkin-Wodka und Rosenkohl.

Aber bis dahin musste ich leider noch weiter durch die Sale-Vergeilten Straßen. Jetzt noch mal einen Schritt zulegen. S. an die Hand nehmen damit es ein wenig schneller geht. Grimmig gucken, Schultern breit, nicht grinsen, nicht lachen, ab durch die Mitte ohne Rücksicht auf Verluste! So hatte ich es mir vorgestellt. Die Realität sah anders aus. Ziemlich eingeschüchtert von den unerbittlichen und stinkenden Massen, die hektischen und groben Menschen auf der Jagd nach Sale-Artikel als ob Weltuntergang wär, Massenselbstmörder allenthalben – also Christen, Muslime, Buddhisten, FDPler und sonstige Fehlgeleitete stierten mich wie aus einem Auge an als ob sie wüssten das ich im Grunde ,im Gegensatz zu denen, ein Menschenfreund bin.

Mich überkam langsam ein Gruseln. Was, wenn jetzt jemand in seinem gerechtem Zorn ausflippt? Was, wenn jetzt jemand wild um sich prügelt und tritt? Was, wenn jetzt plötzlich und na ja, jemand Schlussendlich für alle Feierabend in der Fußgängerzone ansagt? Ich bekam Gänsehaut. Bis ich in meiner unglaublichen Weisheit plötzlich merkte das ich derjenige sein könnte. Puh… haben wir noch mal Glück gehabt! Zum verdammten Scheiß-Glück noch mal drüber nachgedacht! Ausatmen! Einatmen! Ganz langsam, komm zur Ruhe, Johannes und denk an was Schönes! So vollbracht, schon wieder ein Massaker verhindert.

(Nebenbei, meine Blättchen sind leer. Egal, nehme ich Zeitungspapier – wie damals in Stalingrad)

Dann, die lange Einkaufsstraße verlassend, ging es um die Ecke, recht elegant ein paar Zombies ausgewichen und S. richtete lautmalerisch meinen Blick auf den nahenden Rewe. Freudig dass das Elend bald ein Ende hat, grinste ich so innerlich vor mich hin und hörte plötzlich von hinten ein wildes Brüllen: „Eeeeyyyyy! Wenn wir dir den Weg versperren kannst du ja auch was sagen anstatt uns umzurempeln!“ Irritiert schaue ich kurz zurück und sehe eine Schwul-Lesben-Hetero-Gruppe, überaus modisch angezogen (grins) und mit jeder Menge Lokalkolorit an besagter Ecke stehen und frage mich selbst ob die mich gemeint hatten. Ja! Hatten Sie! Habe ich mich doch erdreistet beim Ausweichen auf die verkehrsreiche Straße – die Armseligen hatten den kompletten Bürgersteig mit der Latte in der Hand versperrt – eine unbewusste, leise und nicht zu spürende Jacke-zu-Jacke-Berührung hinzubekommen. Tja! Ihr wisst was nun normalerweise passiert. Tollschocken!

Neenee – Erstens war ich aufgrund dieser Dreistigkeit ein wenig überrumpelt und Zweitens ging ich mit der liebsten S. einfach weiter, dachte in mich hinein dass so ein leichter Sieg nicht ruhmreich sein würde und das diese Viecher sich eh nicht vermehren können / wollen – zwangsläufig aussterben.

Wie sagt man und gebraucht das geflügelte Wort wenn man von mir redet? „Den lieben Johannes einen guten Mann sein lassen“. Realisierte und freute mich über einen weiteren wundervollen Tag mit S. – in Zukunft, wie ich mir damals schon geschworen hatte, ohne Schildergasse/Köln an einem Samstag.

So Leute – sieht Gelassenheit gegenüber Unbilden aus! Gelle? 🙂

Danke für die Aufmerksamkeit! Ich wünsche euch eine schöne Nacht und einen guten Tag! Sowie ein frohes neues Jahr 2013! Bleibt gesund und habt noch viel, viel, viel mehr Glück, Spaß und Erfolg als sonst! 🙂

Schirrmi