Ich träumte von einem penetranten Geräusch. Klingelingeling! Aufgrund der Tageszeit wusste ich dass es kein Tagtraum ist. Mitten in der Nacht werde ich von mir selbst geweckt, im Traum. Und nochmal: Klingelingeling! Mit ein wenig Rotz an der Nase, klebriges Zeug in den Augen und die Hand am Sack drang das Geräusch immer mehr in mein Bewusstsein bis ich realisierte dass es kein Traum ist.
„Ich komme!“ brüllend, flitze ich noch halb bedödelt runter zur Haustür. Die Türrahmen wichen eigenständig meinem über Nacht mächtig gewachsenen Schädel aus denn sie wissen, sie ziehen den Kürzeren. Schlimmste Foltermethoden gingen mir durch den Kopf während ich überlegte was ich wieder bestellt hatte dass der Postbote klingeln muss. Und das mitten in der Nacht! Nur für das Protokoll: Es waren gefühlte 3:17 Uhr morgens.
Mit viel zu enger Schlafanzughose machte ich die Tür, bereits passende Kraftausdrücke auf der Zunge, auf. Ich war halbwegs verblüfft als meine Ex-Lebensgefährtin vor mir steht und mir die Hand schüttelt. Wohl aufgrund ihrer Körpergröße bemerkte sie nicht dass es nicht meine Hand war was sie schüttelte. Irgendwas von „Morgenlatte“ murmelnd reichte ich ihr meine Hand um Peinlichkeiten zu vermeiden. „Immer herein, wenn‘s kein Hobbit ist.“ witzelte ich höflich grinsend. „Ich bin aber nicht allein.“ so M. Ich schaute raus, nach rechts, nach links, oben, unten. Ich konnte niemand anders sehen. Ich konnte ums Verrecken niemanden anderen entdecken. „Da, doch! Hinter mir!“. Puh, den habe ich wirklich nicht gesehen. Hatte er sich doch hinter ihrem Rücken versteckt. „Markus, komm doch hervor – zeig Dich mal.“. So standen die beiden dann unverhofft und gefühlt mitten in der Nacht vor mir. Meine geliebte Ex mit ihrem neuen Freund. „Waren grade beim Andre´ umme Ecke und dachten uns wir besuchen Dich mal – so ganz spontan.“ Während sie dieses grade mit nach Honig und Rosen duftendem Atemgeruch ausspricht fallen mir die Schuppen von den Augen.
Klaro! Heute jährt sich ja doch die Beerdigung vom Andre´. „Und, wie geht es ihm?“ fragte ich die beiden während sie ihre Mäntel auszogen (beide wurden bei diesem Vorgang noch mal um die Hälfte kleiner was mich aber nicht weiter berührte) und auf meiner Designerledercouch Platz nahmen. „Kalte Bäckchen, das Wetter ist ja heute nicht so.“ antwortete M. während ich morbide in mich hinein trauerte. Nach der kurzen, aber überaus herzlichen Begrüßung schlich ich mich in mein Schlafzimmer und säuselte zu der Barbusigen „Wir haben Besuch. AUFSTEHN!“
Eine unverhoffte Heimsuchung. Wir kredenzten Kaffee und keine Kekse. „Mit Milch?“ Nö, sagt der M. aber er hätte gerne mit Zucker. „Mit Zucker?“ frage ich weiter. Nö, sagt die M. aber sie hätte gerne mit Milch. „Und ich gerne mit Sahne.“ erwähnte ich überflüssigerweise. L. wollte von allem gar nichts. Schwarz und mit ohne Sonderlocken. So brachen wir das erste Eis und schwiegen uns beredsam an während wir uns mit „Und sonst so?“ und „wat macht der Eene noch?“ oder auch „Zweite Abmahnung, doof.“ gemeinsam auf Stand brachten.
Zwischen allerlei Anglerlatein „und dann trat ich nochmals auf die Rute“, Höhenangst „das nächste Mal springe ich Hundert Meter“ und Flüchtlingsthemen „um in DE einen Fisch fangen zu dürfen musste einen Anglerschein machen und die da kommen ohne Personalausweis zu uns über die Grenze!“ holte ich kurz Luft, passte aber auf dass mir die beiden Kleenen nicht quer vor der Nase hängen und lockerte mit einem gepflegten „Wollt Ihr denn keinen Underberg haben?“ die allgemeine Betstunde auf. „Oh ja gerne!“ so M. Also wanderte ich durch meine heiligen Hallen in die Getränkekammer und rief zurück: „Sehr gerne und trifft sich gut. Ich habe nämlich rein zufällig heute keinen Underberg da.“
An stattdessen brachte ich keinen schottischen Hochlandwhiskey mit sondern einen portugiesischen Fusellikör der eh schon immer wegmusste. Eine angeblich mit Honig, Zitrone und Maschinenöl angereicherte Gemengelage. Der M. hielt sich an seiner Kaffeetasse fest und erwähnte „Nee, nicht für mich. Ich muss noch fahren.“. Die M. sprach aber dem Aperitif zu während vor mir plötzlich ein WoCo stand. „So kurz nach 10:00 Uhr mitten in der Nacht…“ leutseligte ich die beiden Couchbesetzer an, schluckte mir einen tiefgrollenden Rülpser runter und ging pissen.
Gelassen und einigermaßen aufgeregt berichtete M., die Lippen ganz nass, von der gemeinsamen Kanufahrt wo sie nicht mehr wusste was oben, was unten war. Eskimorolle, dachte ich zu mir und sprach es aus während der neue Freund meiner Ex die an meinen Wohnzimmerwänden befindlichen Nacktbilder seiner Freundin betrachtete.
Küsschen links, Küsschen rechts – ich spürte die wohlbekannten Titten an meiner Brust, erhielt noch einen relativ festen, sehr, sehr festen Händedruck vom Herrn M. und schon war die schöne Gemeinsamkeit vorbei. Die M. (Beifahrerin) bekam noch einen feuchten Schlüpfer frechen Hüpfer mit.
Kommt gut heim. Und mal wieder vorbei. Wir haben uns sehr gefreut.
P.S.: Wer mehr als 10x mal das Wort „während“ im Text findet erhält ein Gläschen portugiesischen Schnaps (leer)– während ich dem Gewinner laut zuprostend den Hintern (nackt) versohle.
Prost!