Ob ich über meine Weihnachtsgeschenke blogge? Nö, eigentlich nicht. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, es jemals getan zu haben. Umgekehrt sehr wohl, Sie können wohl noch verschiedentlich Fotos hier entdecken von den liebevoll verpackten Paketen, Päckchen, Brieflein, Gedichtstreifen, selbstgemachte Kalender – die ich verschenkte. Aber wohl nie Fotos von Geschenken, die ich erhielt.
In der Nachschau zu Weihnachten möchte ich hier eine Ausnahme von der Regel machen. Da jeder Mensch je nach Alter, Fitness, Hobby, Spaß und Beruf unterschiedlich oft auf Jahressicht vögelt, möchte ich es am liebsten auch so vage dabei belassen. Als passionierter Hobbyvogelkundler im fortgeschrittenen Alter mögen Sie mir bitte etwaige Click-Bait-Blogtitel verzeihen. Dem geneigten Schenker stellt sich ewig die Frage, was könnte dem Schirrmi gefallen, was hätte er gerne, was fehlt denn noch, womit könnte ich ihm eine Freude machen, gäbe es etwas Extraordinäres, was ihn von den Weihnachtssocken (Danke Omi) hauen könnte?
Klingelingeling, der junge Mann (Namen und Verwandtschaftsverhältnisse unkenntlich gemacht) steht draußen an der Tür, vollbepackt mit zwei Rucksäcken, einem Gitarrenkoffer, und einem Verstärker der mutmaßlich der E-Gitarre zum Sound verhelfen soll sowie in den Händen ein Pappkarton, beschriftet mit Doc Martens. Ich half ihm mit dem Gerödel, den Doc Martens-Schuhkarton konnte ich nur kurz in den Händen halten, verdächtig leicht, als der junge Mann mir auch sofort diesen Karton wieder entriss und mit roten Wangen und leicht irren Gesichtsausdruck meinte: „Papa (Verwandtschaftsverhältnisse unkenntlich gemacht), nee, ich habe mir das überlegt. Das ist vielleicht doch kein richtiges Geschenk für Dich.“ „Och“, meinte ich jetzt interessiert, das werden wir doch mal sehen. „Hast mir doch wohl nicht eine tote Ratte mitgebracht?“- so frage ich ihn leutselig. Passend zur Jahreszeit hatte ich so ein wippendes, blinkendes Rentier-Geweih auf dem Kopf. Weißer Bart ist eh vorhanden.
Nach leckerem Essen, der darauffolgenden Bescherung (das von mir erpresste gewünschte Gedicht konnte er fast fehlerfrei aufsagen) und nach dem ein oder anderen Gläschen Wasser erinnerte ich mich an die verdächtig leichten Arbeitsschuhe die da noch im Karton im Flur herumliegen. Hiking-light so dachte ich, macht also jetzt auch die Firma Doc Martens. Warum nicht?
Nur sehr zögerlich brachte der Jung das letzte Geschenk in das festlich geschmückte Wohnzimmer und überreichte mir den Karton – es war ein ziehen und festhalten, bis ich dem mit einem bösen Blick ein Ende bereitete. Ich machte den Karton auf und starrte in die toten Augen eines Eichelhähers. Eines toten EICHELHÄHERS!
Sie haben richtig gelesen: EIN TOTER EICHELHÄHER! Wie würden Sie reagieren? Im Ernst. Würden Sie sich über einen toten Eichelhäher mit Glasaugen und, so versprach der Jung, überwiegend ausgestopft, freuen? Daraufhin brauchte ich noch ein Gläschen Wasser. Auf den Schreck. Mein xxx, sorry der junge Mann, war in einem städtischen Antiquariat unterwegs, sah diesen erbarmungsvollen Vogel an der Wand hängen, verhandelte mit einem verhuschten alten Mann und dachte an mich, an Weihnachten? Vögel? Heiligabend?
Ich belasse es nun dabei, wohlwissend, dass ich Ihnen noch seitenlang über meine Gefühle, diesen nie zu vergessenden Anblick, die darauffolgenden Albträume, schnell geänderte Testamentunterlagen etc. berichten könnte.
In der Hoffnung, Sie sind wenigstens zu Weihnachten liebevoll und rein menschlich vögelnd unterwegs gewesen, verbleibe ich mit einem nur noch halbwegs verschreckten „Krah-Krah, Piühhh…“.